Christian Weicht
Fachberatung Kriminalprävention

 Gern übersende ich Ihnen die Checkliste als PDF-Datei

Checkliste  Zufahrtsschutz 
©  Weicht 2019


Schritt 1                           Zufahrtsschutzkonzept vorbereiten

 

Maßnahme

Begründung


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Verantwortungsträger einbinden 


Verantwortliche, die in irgendeiner Form für die Sicherheit des zu schützenden Raums zuständig sind, sollten zu Beginn mit eingebunden werden. 


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Diskussionen und Argumente


Rechnen Sie damit, dass die Beteiligten häufig Kostengründe benennen, die die Umsetzung eines Zufahrtsschutzkonzepts nicht möglich machen. Erst durch ein Zufahrtsschutzkonzept lassen sich die tatsächlichen Kosten ermitteln.

Auch, wenn Terroristen andere Tathandlungen wählen könnten, darf diese Überlegung nicht dazu führen, den Zufahrtsschutz zu vernachlässigen. Durch terroristisch motivierte Überfahrtaten waren höhere Opferzahlen zu beklagen, wie durch terroristische Messer- oder Schusswaffenangriffe. Deshalb bleibt diese Tathandlung für Terroristen weiterhin eine mögliche Anschlagsalternative. 


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Konsequenzen
bedenken


Der Einsatz von Sperren, die keine oder unzureichende Schutzeigenschaften vorweisen, könnte als grob fahrlässiges Verhalten gewertet werden. Dieses wird besonders deutlich, wenn die Sperren nur zur Beruhigung der besuchenden Personen aufgestellt sind und damit die Schutzfunktion nur vorgetäuscht wird.

Ein gutes Zufahrtsschutzkonzept stellt nachvollziehbar Entscheidungen dar, die in einem „Corporate Security System“ erarbeitet wurden. Die Größe der Sperren wird unter Berücksichtigung dieser Entscheidung und den örtlichen Gegebenheiten berechnet.

Zusätzlich ist es erforderlich, dass nur Produkte eingesetzt werden, die von zertifizierten Prüfinstituten normgerecht getestet wurden.




Schritt 2                          Gefahren analysieren


Maßnahme

Begründung


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Bedrohung  ermitteln


Bevor mit der Planung eines Zufahrtsschutzkonzept begonnen wird, sollte geklärt sein, welche  Bedrohung für den zu schützenden Bereich besteht. Nicht jeder Weihnachtsmarkt ist von einem terroristischen Anschlag bedroht. Eine Bedrohung isstark abhängig von der Anzahl der Besucher oder der VIP‘s, vom kulturellen oder politischen Hintergrund der Veranstaltung, sowie von der besonderen Bedeutung des Platzes. Eventuell ist es örtlich bedingt auch gar nicht möglich, dass für eine Überfahrtat ein großes Fahrzeug eingesetzt werden kann. Ein Vorfall mit einem mehrspurigen Fahrzeug erfolgt viel häufiger aus einer kriminellen Handlung oder wegen gesundheitlicher Probleme (z.B. Desorientierung). 



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Wahrscheinlichkeit  einer Bedrohung ermitteln


Überprüfen Sie, wie wahrscheinlich Ihre Bedrohungsszenarien sind. Dazu können Sie diese  Wahrscheinlichkeitsklassen (sehr wahrscheinlich, wahrscheinlich, bedingt wahrscheinlich, unwahrscheinlich, sehr unwahrscheinlich) zuordnen und in einer ALARP- Tabelle darstellen.


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Schadensausmaß  ermitteln


Beschreiben Sie, welche Konsequenzen eine mögliche Überfahrtat hätte.


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Einbindung weiterer Verantwortlicher


Um die Gefahren genaustes zu analysieren, sind möglichst viele Beteiligte einzubinden. Dieses sind insbesondere die örtlich zuständige Polizeibehörde, Feuerwehr, Ordnungs- und Verkehrsbehörde, der Rettungsdienst und Straßenbaulastträger sowie beteiligte Veranstalter.


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Bedrohungslage benennen


Beschreiben Sie genau, was für eine Bedrohungslage für den Schutzbereich besteht und dies möglichst in einem Satz:

Beispiele:

„Mit einer terroristischen Überfahrtat ist zu rechnen.“

„Eine kriminelle Überfahrtat ist wahrscheinlich.“

„Eine Überfahrtat, verübt von militärisch geschulten Terroristen ist sehr unwahrscheinlich.“




Schritt 3                          Schutzziel definieren


Maßnahme

Begründung


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Schutzziel festlegen


Nach der Analyse der Bedrohung und der Beurteilung eines möglichen Schadensausmaßes ist es realisierbar ein, fachlich fundiert ein genaues Schutzziel zu definieren. Je genauer das Schutzziel definiert wurde, je genauer kann das spätere Zufahrtsschutzkonzept angepasst werden. Außerdem kann eine gemeinsam erstellte Definition Rechtssicherheit bieten.

Beispiele für definierte Schutzziele:

„Überfahrtaten mittels eines mehrspurigen Fahrzeugs sind im Veranstaltungsbereich nicht möglich.“

„Eine unkontrollierte Einfahrt in den Schutzbereich ist nicht möglich.“

„Ein Einfahren in den Schutzbereich wird von den Anwesenden wahrgenommen.“

„Ein Eindringen in den Schutzbereich mit einem mehrspurigen Fahrzeug mit einem zGG von über 7.500 kg wird verhindert.“ 




Schritt 4                          Schachstellen identifizieren

 


Maßnahme

Begründung


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Schutzzone abgrenzen


Legen Sie die Schutzzone fest. Bedenken Sie, dass bei einem Anprall eines Fahrzeugs auf eine Sperre sich Fahrzeugteile lösen und in den Veranstaltungsbereich einwirken. Auch kann eine Sperre so konzipiert sein, dass sie sich mit dem Fahrzeug in den Sicherungsbereich schiebt. Möglich ist es aber auch, dass sich das Fahrzeug über die Sperre hinausschiebt. 


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Schutzpunkte identifizieren


Sämtliche Zufahrtsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Auch Fußwege, die z. B. durch einen Park in die Schutzzone führen, könnten eventuelle als Zuwegung genutzt werden. 


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Rettungswege beachten/ Fluchtwege berücksichtigen


Zufahrten für Rettungsdienste, Feuerwehr und Polizei sind immer bedarfsgerecht zu gewährleisten. 

Trotz Fahrzeugsperren müssen Fluchtwege offenbleiben. Gemäß MVStättVO müssen Durchgangsbreiten von mindestens 1,20 Meter vorhanden sein.

Sammelpunkte oder Verletztensammelstellen sollten berücksichtigt werden. 


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erforderliche Zufahrt gewähren


In innerstädtischen Bereichen kann es erforderlich sein, besonderen Institutionen und Berufsgruppen weiterhin die Zufahrt zu gewähren. Hierzu zählen insbesondere: Polizei, Justiz, Ver- und Entsorger, Sicherheitsdienstleister, Lieferverkehre, Handwerker, Hotelgäste sowie Aufsuchende von Altenheimen und Arztpraxen.




Schritt 5                          Zufahrtsschutzkonzept erstellen



Maßnahme

Begründung


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Normgerechter
Zufahrtsschutz 


Ein normgerechter Zufahrtsschutz baut auf ein normiertes Zufahrtsschutzkonzept nach ISO IWA 14-2 unter Verwendung geprüfter und zertifizierter Produkte.
Dieses erleichtert einerseits einen Ausschreibungsprozess. Andererseits bietet dieses Verfahren den Verantwortlichen Rechtssicherheit. 


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Schutzpunkte und Angriffswege bewerten 


Für jeden Zufahrtsschutzpunkt müssen die Angriffsenergien berechnet werden, um die erforderliche Schutzklasse der Sperre zu ermitteln.
Angriffswege können von Angreifern genutzt werden, um eine möglichst hohe Geschwindigkeit aufzubauen. Sie sind daher in das Zufahrtsschutzkonzept mit zu berücksichtigen. 


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Angriffslasten berechnen


Je nach Beschleunigungsstrecke, Anfahrtsmöglichkeit und Masse des Tatfahrzeugs variieren die Angriffsenergien, die beim Rammen einer Sperre entstehen. Diese müssen einzeln für jeden Schutzpunkt berechnet werden. Diese Werte müssen unterhalb des Testwerts einer verwendeten Sperre liegen. 


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Geschwindigkeitsreduzierung durch Schikane 


Vor Zufahrtssperren können geschwindigkeitsreduzierende Maßnahmen (Bremskurven/ Schikanen) dazu genutzt werden, dass die Angriffsenergie deutlich reduziert werden kann.
Kann auf den Fahrzeugverkehr im Sicherungsbereich nicht verzichtet werden, können Schikanen im Sicherungsbereich zur Geschwindigkeitsreduzierung genutzt werden. Werden diese Schikanen intelligent platziert, können im Sicherungsbereich zusätzliche Schutzzonen geschaffen werden. 




Schritt 6                          Produktauswahl


Maßnahme

Begründung


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Produktauswahl


Ein effektiver Schutz ist nur mit normgeprüften Produkten und einem normkonformen Zufahrtsschutzkonzept umsetzbar!

Die Auswahlmöglichkeit der Produkte wird immer größer. Soll eine Zufahrt auch temporär ausgeschlossen bleiben, dann sind feste stationäre Barrieren sinnvoll. Für eine temporäre Lösung können festinstallierte mobile Sperren, z. B. Hubpoller, eingesetzt werden. Für zeitlich befristete Sperrungen eignet sich mobile Sperrtechnik. Hier sind Produkte auf dem Markt, die auf Grund ihres Gewichtes nur mit Maschinen bewegt werden können. Teilweise existieren aber auch Sperren, die mit einfacher Körperkraft bewegt werden können und daher eine personelle Bewachung erfordern. 


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Stadtbild verträgliche Lösungen 


Sichtbare Schutzmaßnahmen können das Sicherheitsgefühl auch negativ beeinflussen. Aus diesem Grund sind mittlerweile verschiedenste stadtbildverträgliche Lösungen entwickelt worden. Dieses sind meistens festverbaute Barrieren. Die „Tarnung“ der Barriere reicht dabei von Pflanzkübel, Sitzbank, Fahrradständer, Beleuchtungskörper, Infotafel bis zur Bushaltestelle. 


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Zertifikate und Normen


ISO IWA 14 – 1 und die britische PAS 68 sind Testnormungen für Fahrzeugsperren. Für die Testszenarien spielen Größe des Testfahrzeugs und die Testgeschwindigkeit eine entscheidende Rolle.

ISO IWA 14 – 2 und die britische PAS 69 geben vor, welche Grundlagen in einem Zufahrtsschutzkonzept beachtet werden sollen.

Seit September 2018 liegt die „Technische Richtline des Polizeitechnischen Instituts (PTI) an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) für mobile Fahrzeugsperren“ vor. 


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Zertifizierungskode


Die o.a. technische Richtline des PTI kategorisiert 3 Schutzklassen mit der Zusatzbezeichnung, ob die Sperre auf befestigten Untergrund (B) oder unbefestigten Untergrund (U) getestet wurde:

SK1B          SK1U
SK2B          SK2U
SK2+B        SK2+U

Beispiel: 
SK2B:
Schutzklasse 2 (Mindestaufprallenergie 1950 kJ) befestigter Untergrund

International werden die Ergebnisse eines bestanden Praxistests in einer Zahlen- und Buchstabenkombination dargestellt. Aus diesem Kode ist ablesbar, mit welchem Fahrzeug und welcher Geschwindigkeit getestet wurde. Auch die Eindringtiefe und das Streufeld werden mit angegeben:

Beispiel:

ISO IWA 14-1:2010:BollardV/7200(N3C)/80/90:5,8

ISO IWA 14-1:            Prüfnorm
2010:                          Prüfjahr
Bollard                        Prüfgegenstand, hier Poller
V                                 Prüffahrzeug, hier Fahrzeug
7200                           Fahrzeuggewichtsklasse (kg)
N3C                            Fahrzeugtypenklasse
80                               Aufprallgeschwindigkeit (km/h)
90                               Anprallwinkel
5,8                              Eindringtiefe (m)


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Ergebnisse überprüfen


  • Sind die ausgewählten Sperren normgerecht getestet worden?
  • Liegen Ihnen entsprechende Prüfzertifikate vor?
  • Sind die ausgewählten Sperren ausreichend, um angenommene Angriffe abzuwehren?
  • Überprüfen Sie erneut, welches Bedrohungsrisiko für den Sicherheitsbereich besteht.
  • Ist das verbliebene Restrisiko tolerierbar?
  • Ein Restrisiko kann durch einen Notfallplan weiter minimiert werden.


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